Ende September verbrachte ich eine wunderbare Woche in New York und natürlich durfte der Besuch in einer Stadtfarm nicht fehlen. Viele sonst ungenutzte Dachflächen werden in New York in Dachgärten oder Farmen verwandelt und eine dieser Farmen mitten in Brooklyn möchte ich euch vorstellen: Die Brooklyn Grange Rooftop Farm.
Auf dem Gelände der Brooklyn Navy Yard, einer inzwischen stillgelegten Werft, liegt das 12-stöckige Gebäude auf dem sich die Stadt-Landwirtschaft befindet. Über das Gelände und durch die Gänge des alten Industriegebäudes gelangt man zu dem Aufzug, der einen auf das Dach bringt. Oben angelangt, findet man sich in einer komplett anderen Welt wieder: auf einer richtigen Farm! New Yorks Skyline immer im Blick! 🙂
Oben auf dem Dach eröffnet sich einem der Charme, den Pflanzen an die unwirtlichsten Orte bringen. Die Kombination von Gemüseanbau und alten Industriegebäuden – denen ich ohnehin verfallen bin – üben einen besonderen Reiz aus.
Eine Landwirtschaft mitten in der Stadt ist für uns ein wenig surreal und tatsächlich ein noch eher ungewöhnliches Bild, aber es könnte zukünftig zur Normalität werden. Diese Orte haben meiner Meinung nach ein großes Potential.
Und auf dieser Farm fehlt es an fast nichts. Hier wird eine beachtliche Menge an Obst und Gemüse angebaut, aber auch Eier und Honig produziert. Auf dem Dach leben eine Handvoll Hühner und zwei der 30 über die Stadt verteilten Bienenstöcke der Farm. Sogar der eigene Kompost wird hier oben gemacht. Die Mitarbeiter der Farm waschen und verpacken die frisch geernteten Produkte für den Direktverkauf an Restaurants oder auf lokalen Märkten.
Darüber hinaus werden soziale Projekte für Kinder und Jugendliche angeboten und Workshops veranstaltet. Sogar Dinner-Abende, Yogakurse und Hochzeiten finden auf der Dachfarm statt.
Das alte Industriegebäude ist als Betonbau errichtet und ausreichend tragfähig um die Last des Substrats aufzunehmen. Der Aufbau ist ähnlich dem eines normalen Gründachs: Auf der Dachabdichtung ist ein Drain- und Speicherelement, das optisch einer Eierpappe ähnelt, verlegt. Als Trennung zwischen dem Drainelement und dem Substrat dient ein Filtervlies. Das Substrat selbst, das leicht und wasserspeicherfähig speziell für die Dachbegrünung hergestellt wird, ist gar nicht so dick: Ungefähr 30 cm hohe Wälle bilden die Beete.
Das Anlegen von Grünflächen auf den Dächern mitten in der Stadt hat viele Vorteile:
Das Obst und Gemüse, aber auch Honig und Eier kommen direkt aus der Region. Unsere Nahrungsmittel legen absurderweise oft tausende Kilometer hinter sich bevor sie uns erreichen.
Die Nutzung von Ressourcen in der Stadt, wie zum Beispiel Regenwasser. Ein großes Problem in New York (und auch in anderen Städten) sind die großflächig versiegelten Flächen durch Gebäude, Straßen, Parkplätze und Wege. Das anfallende Regenwasser kann nur über die Kanalisation abgeführt werden, die oft überlastet ist. Daher sind Dachgärten, die mit ihren Aufbauten wie Schwämme wirken, in der Stadt gerne gesehen.
Die Vielfältigkeit von Stadtgärten ist ein Gegengewicht zu häufig vorkommenden Monokulturen auf dem Land und bietet Nahrung für die Bienen, aber auch für alle anderen Insekten, Vögel und Kleintiere in der Stadt.
Allerdings kann die Landwirtschaft in der Stadt den ständig wachsenden Nahrungsbedarf der Bevölkerung nicht decken, sondern nur zur Lebensmittelsicherheit beitragen und es besteht das Risiko der Schadstoffbelastung bei städtischen Produkten. Dazu gibt es eine interessanten Artikel auf mundraub.org der sich auf eine Studie der TU Berlin bezieht: Ist Straßenobst mit Schadstoffen belastet?
Nichtsdestotrotz werden durch gebäudeintegrierte Landwirtschaft, ob als Nutz- oder Nachbarschaftsgarten, zusätzliche Erholungsflächen und ein sozialer Mehrwert durch gemeinsames Gärtnern geschaffen.
Was denkt ihr über die Landwirtschaft in der Stadt?
Solange Dieselautos noch nicht verboten sind, habe ich keine große Lust stästisch angebautes Gemüse vom Dach zu essen, obwohl ich das Konzept klasse finde. Solange unsere Luft in den Städten mit Schadstoffen überlastet ist und solange viele Menschen noch nicht einmal einen Balkon haben, fände ich es besser, wenn Dachflächen einfach nur als Grünflächen genutzt würden, um die Luft zu verbessern, Insekten und Vögeln wieder mehr Raum zu geben und sich einfach daran zu freuen. Landwirtschaft sollte in den Vierlanden und im Alten Land bleiben.
Liebe Paula,
das stimmt! Die Schadstoffbelastung ist ein großes Problem. Ich stelle mir aber auch die Frage, ob es nicht genau so schlimm ist, als Stadtmensch die Schadstoffe tagtäglich einzuatmen. Dass Glyphosat & Co., die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, sehr schädlich für unsere Gesundheit sind und viele Spritzmittel für Obstbäume die Bienen töten, sollte man hier auch betrachten.
Ich kann da nicht so konsequent sagen, was ich besser oder schlechter finde – alles hat seine Vor- und Nachteile.
Das Beste wäre natürlich, sich biologisch und regional zu ernähren, am besten auf dem Land und selbst angebaut! 😉
Liebe Grüße,
Marie
Klar hast Du Recht mit der Landwirtschaft und den chemischen Keulen, die die meisten Bauern immer noch hemmungslos einsetzen. Hab neulich einen TV Beitrag gesehen, wo Getreidebauern am Ende der Fahnenstange angelangt sind, Unkräuter entwickeln hartnäckige Resistenzen und mindern massiv die Ernte, so dass sie überlegen müssen, ihre Böden wieder zu renaturalisieren mit Pilzen und anderen biologischen Tricks und mit dem Spritzen aufhören müssen. Biologisch und regional, das ist noch am besten, finde ich auch!
sehr schöner interessanter Artikel, die Frage wäre noch ist dies ein temporäres Projekt, sprich was wird aus dem Projekt wenn das Gelände einem anderen Zweck zugeführt wird, viele Stadtprojekte müssen sich ja mit dieser Problematik beschäftigen.
liebe Grüße
Tom
Es freut mich sehr, dass dir der Beitrag gefällt!
Du hast Recht, viele städtische Projekte müssen mit diesem Problem kämpfen. Gerade bei dem aktuellen Bedarf an Wohnraum. Daher denke ich, dass Dachflächen noch am sichersten für die urbane Landwirtschaft sind. Hohe Gebäude werden selten aufgestockt. Ein Vorteil der städtischen Landwirtschaft ist, dass sie relativ mobil sein kann… Die Gefahr einer Vertreibung besteht natürlich trotzdem. Wenn die urbane Landwirtschaft tatsächlich ein fester Bestandteil der Städte wird, muss das geregelt sein. Programme für die Begrünung von Dachflächen gibt es ja schon in vielen Städten, nur befassen sie sich nicht wirklich mit der Begrünung durch Nutzpflanzen, geschweige denn mit der Landwirtschaft…
Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt wie sich das Thema entwickelt und werde es weiter verfolgen!
Schöne Grüße aus Hamburg,
Marie
Ganz ganz lieben Dank für den wunderbaren Reisebericht! Andere wollen zum shoppen nach New York und ich dagegen, weil ich auch endlich mal solche faszinierende Projekte direkt vor Ort ansehen möchte ? Ich bin ja ein großer Fan von Urban Gardening/Farming. Bzgl. Schadstoffbelastung und Gift denke ich mir eher, dass es auf dem Dorf wesentlich giftiger zugeht. Was da gespritzt wird und die viele Monokultur – das ist eine Stadtgarten ein echtes Paradies!
Wie schön, dass dir der Beitrag gefällt! Ich bin auch begeistert von dem Thema! Du hast dir sicherlich auch den Film “more than honey” angesehen. Da kann man sich echt vorstellen, dass die Landwirtschaft auf dem Land nicht immer besser ist. Mit dem Thema Schadstoffbelastung haben wir so oder so zu tun und wer weiß was wir so alles zu uns nehmen ohne es genauer zu wissen…
Danke dir für deinen tollen Kommentar!
?
Oh das ist wirklich ein interessantes Projekt. Und so ganz anders als bei uns hier in der ländlichen Region. Danke fürs zeigen!
Liebe Grüße
Viki
Gerne liebe Viki! ? Ja, so eine Dachfarm ist schon ein großer Kontrast zur herkömmlichen Landwirtschaft!
Ganz lieben Gruß aufs Land! ?
Hallo Marie,
so ein interessantes Thema! Landwirtschaftliche Flächen in der Stadt bieten eine sinnvolle Alternative zu brachliegenden, ungenutzten, zubetonierten und gepflasterten Arealen. Die Schadstoff- und Lärmbelastung veringert sich durch Pflanzen, Hecken und Bäume. Wissenwert wäre zu erfahren, ob es schon Vergleichsstudien dazu gibt!? In welchem Maß hat ein Umdenken in diese Richtung Auswirkungen auf die Erde und ihre Lebewesen. Nun ja, bevor Veränderungen ausgewertet werden können, gibt es noch den Schritt davor – die Umsetzung neuer Ideen. Vielen Dank, liebe Marie, dass du uns eine dieser Ideen in deinem Blog vorstellst. Ich bin begeistert!
Vielen Dank für deinen tollen Kommentar! Während meiner Recherchen zu dem Thema bin ich auf viele interessante Internetseiten und Blogs gestoßen, die sich ganzheitlich mit dem Thema befassen. Das Thema interessiert mich auch sehr!
Viele liebe Grüße aus Hamburg ?,
Marie
Liebe Marie – sehr spannendes Thema, danke für diese Einblicke.
Lese immer wieder gerne Deine Posts.
Schöne Grüße
Sarah
Liebe Sarah, ich freue mich sehr, vielen Dank! Einen schönen Abend wünsche ich und liebe Grüße in den Cottagegarden, Marie
Liebe Marie , Danke für diesen hoch interessanten Berichtet weil man überhaupt keine Vorstellung über solche Möglichkeiten hat, ?
Ich habe kürzlich über “ Dachgärten “ in Berlin , gelesen . Ich freue mich für Dich , daß du dich dort in New York so gut informieren konntest.
Liebste Grüße ??
Oh, das freut mich sehr! ? Ich finde das Thema auch sehr interessant, ich werde mich weiter damit beschäftigen! ?
Ganz liebe Grüße,
Marie
Liebe Marie,
vielen Dank für den tollen Artikel und den Link zum Thema Schadstoffbelastung – das interessiert mich nämlich schon lange ?
Liebe Grüße,
Caro
Danke dir liebe Caro! Ja, das mit der Schadstoffbelastung interessiert mich auch sehr, ich will ja wissen, was ich so zu mir nehme! ?
Liebe Grüße in die Hauptstadt!
Marie